VOM LAGER IN TANSANIA ZURÜCK INS RISIKOGEBIET BURUNDI
Seit 2015 flüchteten über eine halbe Million Menschen vor Instabilität und Konflikt in Burundi. Die Situation ist eine der am wenig bekanntesten und unterfinanziertesten Flüchtlingskrisen weltweit. Viele Familien mussten ohne Warnung flüchten, zu Fuss, in der Dunkelheit der Nacht, um nicht entdeckt zu werden. Nach mehrtägigen Wanderungen auf Schleichwegen, durch Wälder und Flüsse und über Hügel und Berge erreichten sie Flüchtlingslager in den Nachbarsländern, eine Mehrheit in Tansania. Viele landeten im Mtendeli Lager, im Nordwesten Tansanias. So auch Mukamaana Kolodine und ihre Familie.
Bild: Mukamaana (Mitte) und ihre Flechtkolleginnen
MUKAMAANA KOLODINE
Mukamaana ist 30 Jahre alt und hat fünf Kinder. Sie ist ursprünglich aus Muruzo im Norden von Burundi. Aufgrund von wiederkehrendem Konflikt verbrachte sie fast 10 Jahre in Flüchtlingslagern in Tansania. Insgesamt musste sie mit ihrer Familie schon dreimal flüchten, zuletzt im Jahr 2016.
Bild: Mtendeli Flüchtlingslager
DAS LEBEN IM LAGER
Das Leben im Mtendeli Flüchtlingslager ist schwierig. Mukamaana lebte mit ihrer Familie in einem Zelt aus Plachen des UNHCR, welches wenig Schutz bot vor Regen und Wind. Essensrationen vom Welternährungsprogramm waren aufgrund der mangelnden Finanzierung der Krise ungenügend. Aufgrund der schlechten Bodenbeschaffenheit und des Platzmangels im Lager konnten sie auch nichts selber anbauen. Dennoch war Mukamaana froh, dass ihre Kinder im Lager in die Schule gehen konnten und dass sie medizinische Versorgung hatten von internationalen Organisationen. Nach allem was sie in Burundi durchmachen mussten konnte sie sich nicht vorstellen, jemals wieder in ihr Heimatdorf zurückzukehren.
WomenCraft gründete im 2017 eine erste Gruppe von Flechterinnen im Mtendeli Lager. Da es auch in Burundi eine starke Flechttradition gibt lernte Mukamaana schon im jungen Alter die lokale Flechtkunst. So war sie eine der ersten Flechterinnen der WomenCraft Gruppe im Lager. Das Flechten war die einzige Einkommensmöglichkeit ihrer Familie im Lager und ermöglichte es ihnen, die mangelnden Essenrationen zu ergänzen mit gekauften Lebensmitteln von den umliegenden Dörfern.
Bild: WomenCraft Flechtgruppe im Mtendeli Camp
DIE FORCIERTE "FREIWILLIGE" RÜCKKEHR
Bereits wenige Wochen nach Beginn der Flechtaktivitäten im Lager änderte die tansanische Regierung ihre Politik gegenüber Flüchtlingen aus Burundi. Trotz andauernder Instabilität in Burundi wurde entschieden, dass die Situation in Burundi stabil und sicher sei und dass burundische Flüchtlinge die Lager in Tansania wieder verlassen sollten. Da Flüchtlinge nach internationalem Recht nicht aktiv zur Rückkehr gezwungen werden können, wurden Mukamaana und ihre Familie und Kollegen zur "freiwilligen" Rückkehr gebracht, indem das Leben im Lager immer schwieriger gestaltet wurde.
Das WomenCraft Team hatte von einem Tag auf den nächsten keinen Zugang mehr zum Lager. Die Flechterinnen durften gleichzeitig keine Produkte mehr aus dem Lager bringen. Es wurde gesagt, dass die Einkommensgeneration Anreize schaffe für die Flüchtlinge im Lager zu bleiben. Der gemeinsame Markt mit den umliegenden Dörfern wurde geschlossen. Diese Massnahmen entzogen Mukamaanas Familie jeglicher Lebensgrundlage im Lager. Sie sahen sich deshalb im Jahr 2019 gezwungen in ihr Dorf in Burundi zurückzukehren.
Bild: Flechterinnen in Ngara mit ihren fertigen Produkten
NEUANFANG IN BURUDNI
Mukamaana konnte aufgrund der Instabilität nicht in ihr altes Haus zurückkehren. Mit ihrem ersparten Flechteinkommen aus dem Lager konnte sie aber ein neues Haus bauen für sich und ihre Familie.
Weil uns mit WomenCraft der Zugang ins Lager verboten wurde und immer mehr Familien nach Burundi zurückkehrten wechselten wir unseren Fokus weg von den Lagern und hin zur Unterstützung von Rückkehrerinnen. Mitte 2019 grüdeten wir zusammen mit Mukamaana und einiger ihrer Kolleginnen eine neue Gruppe von Flechterinnen im Grenzgebiet zu Burundi. Die meisten Rückkehrerinnen kamen zurück in ihre Dörfer ohne Perspektive oder Möglichkeit zum Wiederaufbau. Über die Flechtgruppe haben Rückkehrerinnen nun wieder ein zuverlässiges Einkommen, welches sie in ihrem Neuanfang finanziell aber auch emotional unterstützt.
Heute ist Mukamaana stolz und freut sich jeden Tag zu Fuss mit ihren Kolleginnen über die Grenze zu ihrer Flechtgruppe in Tansania zu laufen. Sie fühlt sich wohl im Austausch mit ihren tansanischen Flechtfreundinnen, die auch Teil der Gruppe sind. Dieses Jahr flechten nun bereits über 200 Rückkehrerinnen in der Gruppe (siehe Bild zuoberst).
Durch den Kauf der Produkte in unserem Schweizer Online Shop könnt ihr Mukamaana und ihre Flechtgruppe direkt unterstützen im Wiederaufbau ihres Lebens in Burundi.
Bild: Zu Fuss unterwegs über die Grenze zur Flechtgruppe in Tansania
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